Abfindung  &  Aufhebungsvertrag

Die Abfindung im Kündigungsfall

 

Bei einer Abfindung handelt es um eine einmalig gezahlte Entlassungsentschädigung, die der Arbeitgeber für den Verlust des Arbeitsplatzes leistet.

 

Es herrscht aber der Irrglaube, dass Arbeitnehmer, die gekündigt wurden, automatisch Anspruch auf eine Abfindung hätten. Das ist in der Tat nicht der Fall. Im Gegenteil sind Abfindungen rechtlich eher die Ausnahme als die Regel. Kündigt der Arbeitgeber rechtmäßig, muss keine Abfindungszahlung geleistet werden. Trotzdem werden sie häufig auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches gezahlt, weil der Arbeitgeber eine Niederlage im Kündigungsschutzprozess vermeiden und der Arbeitnehmer nicht wieder bei dem Arbeitgeber tätig werden möchte:   Der Arbeitnehmer erkennt die Wirksamkeit der Kündigung an und erhält dafür als Entschädigung eine Abfindung. Der Arbeitgeber "kauft" sich sozusagen von einem etwaigen Prozessrisiko frei.

 

 

Gibt es einen Anspruch auf eine Abfindung ?

 

Nein - grundsätzlich gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung !

 

Ein solcher Anspruch kann sich nur aus einer Vereinbarung ergeben, die entweder individualvertraglich (also zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber direkt vereinbart) oder kollektivrechtlich in einer Betriebsvereinbarung, einem Interessensausgleich, einem Sozialplan oder einem Tarifvertrag geschlossen wird. 

 

Ansonsten gibt es einen Anspruch auf eine Abfindung zwischen den Arbeitsvertrags-parteien nur in ganz speziellen und besonderen Ausnahmefällen:

 

Eine Arbeitgeberkündigung nach § 1a Kündigungschutzgesetz (KSchG) enthält den Hinweis, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird und der Arbeitnehmer bei verstreichen lassen der 3-wöchigen Klagefrist eine Abfindung beanspruchen kann.

  • Das Gericht löst nach § 9 KSchG im Kündigungsschutzprozess wegen festgestellter Unzumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit auf Antrag des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnisses durch Urteil auf und hat dem Arbeit-nehmer sodann für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung zuzu-sprechen. Bei leitenden Angestellten genügt es, wenn im Kündigungsschutz-verfahren durch den Arbeitgeber ein entsprechender Antrag auch ohne Gründe gestellt wird (§ 14 Abs.2. S.2 KSchG.

 

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, muss zwischen den Arbeitsvertragspartnern eine individuelle Einigung erzielt werden, um zu einem Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers zu begründen. Der Arbeitgeber wird in aller Regel eine Abfindung nur dann zahlen, wenn er hierdurch ein bestehendes Risiko, in der Regel das Prozessrisiko ausschließen kann oder er im Gegenzug Zugeständnisse erhält, auf die er rechtlich keinen Anspruch hätte. Der arbeitsrechtliche Vergleich dient insoweit fast immer dazu, bestehende rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen. Wo es keine solchen Unsicher-heiten oder kein Risiko für eine Seite (mehr) gibt, wird in aller Regel auch keine Abfindung ausgehandelt werden können.

 

 

Die Höhe der Abfindung

 

Wie hoch die gezahlte Abfindung ausfällt, ist letztlich Verhandlungssache. Sie orientiert sich an der Dauer der Betriebszugehörigkeit, wobei Zeiträume von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufgerundet werden. Als Faustregel  gilt, dass für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit ein halbes Bruttomonatsgehalt angesetzt wird.

 

Im jeweiligen Einzelfall können aber auch andere Beträge verhandelt werden und regionale Unterschiede zum Tragen kommen. Ausschlaggebend ist die Verhandlungs-position, die für Arbeitnehmer vor allem dann günstig ist, wenn der Bestandsschutz hoch ist. Stellt das Gericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses fest, kann die Abfindung bis zu 18 Monatseinkommen betragen.

 

Abfindungen sind nicht steuerbefreit oder -vergünstigt, allerdings findet die "Fünftel-regelung" Anwendung. Voraussetzung ist jedoch, dass die Abfindung, auch wenn in mehreren Beträgen, in einem Kalenderjahr gezahlt wird. Sozialversicherungsabgaben fallen nicht an, da sie nicht als Arbeitsentgelt gilt. Auf den Bezug und die Höhe des Arbeitslosengeldes hat die Abfindung grundsätzlich keinen Einfluss, außer wenn die ordentliche Kündigungsfrist verkürzt wird und deswegen von der Agentur für Arbeit eine Sperrfrist von bis zu 12 Wochen verhängt wird.

 

 

Taktik & Ausdauer: Wer zäh und klug verhandelt, erreicht mehr

 

Für erfolgreiche Vergleichsverhandlungen bedarf es vieler Faktoren und natürlich stets auch ein wenig Glück.

 

Der erste Schritt zu einem realistischen Erfolg bei Vergleichsverhandlungen liegt sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber in der zutreffenden juristischen Einordnung der Rechtslage der Angelegenheit durch einen Fachmann. Nur wer die Chancen und Risiken seines Falles möglichst vorab abschließend beurteilen kann, vermag das realistisch "Machbare" erfassen und am Ende das maximal Mögliche durchsetzen können. Dabei ist neben dem rein juristischem Wissen und Können vor allem ein besonderes taktisches Geschick gefragt. 

 

Gerade bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung im Rahmen einer Kündigungsschutz-klage müssen in einem zweiten Schritt die Motive und Perspektiven der Gegenseite möglichst genau erfasst werden, um bestehende Schwachstellen auszunutzen.

 

Die Verhandlungen sind mit Augenmaß zu führen. Wer bis zuletzt stoisch utopische und unrealistische Forderungen erhebt, riskiert früh ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen. Nicht selten entscheiden sich Arbeitgeber in Risikofällen tatsächlich dazu, die Kündigung zurückzunehmen, um die nächste Kündigung besser vorbereiten zu können.  

 

 

 

Vergleichsverhandlungen im Arbeitsrecht - "Handeln wie auf dem Basar" ?

 

Ich erlebe es in der Beratungspraxis leider allzu häufig, dass sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer viel zu früh auf ein Angebot der anderen Seite einlassen. Selten wird das „endgültige Angebot“ aber am Anfang von Verhandlungen abgegeben und meist besteht noch erheblicher Spielraum, den es auszunutzen gilt. Gerade in Deutschland zählt das "Handeln" nicht gerade zur täglichen Lebensrealität. Wer aber vor dem Arbeitsgericht oder in außergerichtlichen Verhandlungen zu schnell "einschlägt", verzichtet meist auf viel Geld.

 

Nach meiner langjährigen Erfahrung gehört das Handeln zum unabdingbaren Hand-werkszeug:  Besteht dem Grunde nach Einigungsbereitschaft, bewegen sich beide Seiten meist schrittweise aufeinander zu, bis am Ende der gemeinsame Nenner gefunden ist. Keine professionell vertretene Seite wird daher das "letzte Wort" am Anfang nennen und keine Seite geht davon aus, dass ihr erstes Angebot gleich angenommen wird. Insoweit entspricht es der gelebten Praxis vor den Arbeitsgerichten, dass um jede Position hart "gefeilscht" wird. Dies sollte niemanden schrecken, denn am Ende zählt ausschließlich das Resultat. 

 

Für die Bemessung der Höhe einer Abfindung sind neben den üblichen "harten Kriterien" wie Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und Lohnhöhe auch stets die individuellen Chancen und Risiken einer anhängigen Kündigungsschutzklage und die Aussichten des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt entscheidend.  Alles Weitere richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und dem taktischen Verhandlungs-geschick der Parteien. 

 

 

Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag ?

 

Vor allem bei einem außergerichtlichen Vergleich durch Abschluss eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrages bestehen für den Arbeitnehmer erhebliche Risiken. Die "Vertragsfreiheit" der Arbeitsvertragsparteien wird hier vom Sozialversicherungsrecht und dessen Sanktionen flankiert. So vertritt das Bundessozialgericht und darüber die Arbeitsagenturen die Auffassung, dass schon jede noch so geringe Beteiligung des Arbeitnehmers an der Beendigung des Arbeitsverhältnis zu Lasten der Versicherten-gemeinschaft zwingend eine Sperrfrist von 12 Wochen nach sich zieht, in denen kein Arbeitslosengeld gezahlt wird mit der Foge, dass aus der vermeintlich stattlich ausgehandelten Abfindung durch den Wegfall des Arbeitslosengeldes über mehrere Monate hinweg oft doch wieder ein nur "Butterbrot" wird. Solche Risiken sind durch eine Vertrags- bzw. Vergleichsgestaltung auszuschließen oder, sollte dies nicht möglich sein, bei der Abfindungshöhe "einzupreisen".

 

Gleiches gilt bei der Entscheidung, wie ein Resturlaubsanspruch behandelt werden sollte. Einigen sich die Parteien schlicht auf eine Urlaubsabgeltung, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nämlich für jeden Tag abgegoltenen Urlaub. Einigen sich die Parteien dagegen unter Erhöhung der Abfindung darauf, dass der Urlaub in Natura genommen wurde, muss die Agentur ab dem ersten Tag zahlen.